«Eine ernste, aber keine dramatische Situation»

Die Stadt Bern hat erneut Finanz­sor­gen. Das zeigte sich auch in der Budget-Debatte Mitte Sep­tem­ber 2022 im Stadt­rat. Bet­tina Jans-Troxler, EVP-Stadträtin und Mit­glied der Finanz­de­le­ga­tion, beant­wor­tet unsere Fra­gen dazu.

 

Die Schul­den waren in der Budget-Debatte ein gros­ses Thema. Wie steht die Stadt Bern aus dei­ner Sicht finan­zi­ell da?

Seit 1999 konn­ten die damals hohen Schul­den abge­baut wer­den, von 1,7 Mia. auf 980 Mio. Fran­ken im Jahr 2018. Aktu­ell liegt die Ver­schul­dung per Ende 2021 wie­der bei gut 1,2 Mia. Fran­ken. Der Finanz­plan pro­gnos­ti­ziert bis 2026 einen wei­te­ren Anstieg bis auf rund 1,6 Mia. Fran­ken, weil der Inves­ti­ti­ons­be­darf v. a. bei der Schul- und Sport­in­fra­struk­tur sehr gross ist. Ins­ge­samt ist es eine ernste, aber keine dra­ma­ti­sche Situa­tion, da das jähr­li­che Bud­get Berns gut 1,3 Mia. Fran­ken beträgt.

 

In der Bud­get­de­batte wur­den 150 Anträge gestellt. Wie habt ihr als GFL/EVP-Fraktion trotz­dem den Über­blick behal­ten?

Wir haben als Frak­tion ent­schie­den, das Bud­get, wie es der Gemein­de­rat vor­ge­legt hat, mit ganz weni­gen Aus­nah­men zu unter­stüt­zen. Somit haben wir prak­tisch alle Anträge abge­lehnt, sowohl radi­kale Spar­an­träge von rechts wie auch Anträge von links, wel­che die Spar­mass­nah­men des Gemein­de­rats rück­gän­gig machen woll­ten. Lei­der haben die lin­ken Par­teien seit den letz­ten Wah­len eine Mehr­heit, so dass wir die Ent­schei­dun­gen nur noch sel­ten beein­flus­sen kön­nen.

 

Du hast gesagt, dass der Schul­den­berg bis 2026 wei­ter steige. Warum wird nicht end­lich die Spar­bremse gezo­gen?

Der Gemein­de­rat hat letz­tes Jahr bereits Ein­spa­run­gen von rund 40 Mio. Fran­ken jähr­lich auf­ge­gleist, was z. T. bereits schmerz­haft ist. Ein gros­ser Teil der Aus­ga­ben sind gesetz­lich gebun­den, es kann also nur in weni­gen Berei­chen gespart wer­den. Aktu­ell gibt es auch Mehr­aus­ga­ben, z. B. für ukrai­ni­sche Flücht­linge. Gerne würde unsere Frak­tion wei­tere Ein­spa­run­gen machen, aber wir kom­men damit nicht durch.

 

Finanz­di­rek­tor Michael Aeber­sold sagt, dass es bei den Inves­ti­tio­nen in «kri­ti­sche Infra­struk­tur» wie Schul­häu­ser nicht ohne Neu­ver­schul­dung gehe. Was ist deine Mei­nung dazu?

Es ist keine Option, Sanie­run­gen ein­fach hin­aus­zu­schie­ben. Zum einen aus öko­lo­gi­scher Sicht – wir ver­puf­fen z. B. im Schul­haus Schwab­gut momen­tan viel Heiz­en­er­gie –, zum andern weil die Kos­ten durchs Hin­aus­schie­ben eher stei­gen.

 

Der Stadt­rat will dem Per­so­nal einen Teue­rungs­aus­gleich von 3 % gewäh­ren, die GFL/EVP-Fraktion hat ihn gross­mehr­heit­lich abge­lehnt. Warum?

Der Gemein­de­rat wird den Teue­rungs­aus­gleich mit den Per­so­nal­ver­tre­tun­gen aus­han­deln und wir woll­ten seine Posi­tion stär­ken, so dass er in den Ver­hand­lun­gen für weni­ger als 3 % bzw. für einen abge­stuf­ten Aus­gleich je nach Lohn­höhe ein­tre­ten kann. Des­halb spra­chen wir uns dage­gen aus, bereits zum Vor­aus das Geld für einen gene­rel­len Teue­rungs­aus­gleich von 3 % ein­zu­stel­len, wie dies die linke Mehr­heit im Stadt­rat gemacht hat.

 

«Es sind zum Glück einige Spar­mass­nah­men des Gemein­de­rats im Bud­get drin.»

 

Trotz Defi­zit habt ihr dem Bud­get zuge­stimmt. Was hat euch dazu bewo­gen?

Es sind zum Glück doch einige der Spar­mass­nah­men des Gemein­de­rats in die­sem Bud­get drin und das über­wiegt den Ärger über die Mehr­aus­ga­ben, wel­che die Linke beschlos­sen hat. Wir wol­len den Gemein­de­rat in den nächs­ten Jah­ren beim Spa­ren unter­stüt­zen und gleich­zei­tig einen guten Aus­tausch mit den lin­ken Par­teien pfle­gen um so doch noch etwas Ein­fluss auf die Ent­schei­dun­gen zu haben.

Inter­view: Bar­bara Streit-Stettler