Die EVP Stadt Bern hat diesen Entscheid in einer Urabstimmung gefällt: Den Mitgliedern standen sowohl die Möglichkeit einer schriftlichen Abstimmung als auch die Teilnahme an der heutigen Parteiversammlung offen. Wie die Diskussion an der Parteiversammlung zeigte, standen vor allem strategische Überlegungen für ein Ja im Vordergrund. Die anwesenden EVP-Mitglieder verstehen die Liste «Meh Farb für Bärn» (ursprünglich «Gemeinsam für Bern») als Zweckbündnis, das spätestens bei den nächsten Wahlen überprüft werden muss.
«Wir möchten als Mittepartei dazu beitragen, dass die Waage zwischen Links und Rechts im Gemeinde- und Stadtrat wieder ins Lot kommt und damit unsere nachhaltige und lösungsorientierte Politik vermehrt zum Tragen kommen kann», begründet Bettina Jans-Troxler, EVP-Präsidentin und Stadträtin den Entscheid. Das sei aktuell bei der erdrückenden Mehrheit der linken Parteien nicht mehr möglich.
Der nachhaltige Umgang mit den vorhandenen Finanzen sei das verbindende Thema innerhalb des Bündnisses «Meh Farb für Bärn». In einer Zeit, in der viele Investitionen – z.B. in Schulhäuser – anstehen und auf der linken Seite bereits von Steuererhöhungen die Rede sei, gelte es sorgfältig abzuwägen, welche Ausgaben Priorität hätten. Diese umsichtige Finanzpolitik käme bei der linken Mehrheit in Gemeinde- und v.a. auch im Stadtrat aufgrund deren komfortabler Mehrheit immer wieder zu kurz.
«Wir ändern unsere politische Ausrichtung mit diesem Entscheid überhaupt nicht, aber wir werfen unser Gewicht in die Waagschale, um eine ausgewogene Politik zu fördern. Eine zu grosse Übermacht von linker oder rechter Seite ist aus unserer Sicht nie gut für die Entwicklung eines Gemeinwesens – die Auseinandersetzung mit anderen Positionen hilft, weise Entscheidungen zu treffen», so die Parteipräsidentin.
Vizepräsidentin Barbara Streit-Stettler betonte, dass dieser Seitenwechsel nach sorgfältiger Überlegung erfolge: «Auch damals, als die EVP bei der Gründung von RGM mitgeholfen hat, wollten wir einen dringend nötigen Umschwung bewirken, nachdem unter der bürgerlichen Mehrheit die Infrastruktur über Jahre vernachlässigt wurde und die Lebensqualität in der Stadt Bern dadurch gelitten hat.»
Das Ja zu einer gemeinsamen Liste für die Gemeinderatswahlen ist dem unglücklichen Wahlsystem einer Proporzwahl nach Hagenbach-Bischoff um fünf Sitze geschuldet. Eine Änderung dieses Wahlsystem würde die EVP sehr begrüssen. Dieses Anliegen wurde aber leider in der Vergangenheit von den grossen Parteien aus durchsichtigen Gründen abgelehnt.
Auf die Stadtratswahlen hat das Gemeinderatsbündnis «Meh Farb für Bärn» und damit der heutige Beschluss der EVP-Mitglieder keinen Einfluss. Die EVP strebt auf Legislativebene eine Listenverbindung mit den anderen Mitte-Parteien an.